Orbán József
Da mein Urlaubskontingent für dieses Jahr drastisch schwindet, habe ich mich mitte Oktober auf den vermeintlich letzten längeren Ansitz vorbereitet. Als Ziel fasste ich einen rund 180 ha großen Stausee mit einer Durchschnittstiefe von 6-8 m ins Auge. Ich hatte dieses Gewässer anhand mehrerer Gesichtspunkte auserwählt. Einer davon war, dass ich wegen der umfangreichen Bauarbeiten rund um das Gewässer wahrscheinlich nächstes Jahr hier nicht angeln können werde. Ein anderer war, dass das Gewässer viele Fische beherbergt, die ich gerne vor die Linse halten würde.
Bei meiner Ankunft herrschte ein für die Jahreszeit sehr mildes, warmes Wetter. Das mag für Angler ideal sein, ich hatte jedoch meine Bedenken diesbezüglich. Wegen dem starken Wind hatte ich meine Ruten erst vor einbruch der Dunkelheit platziert und bis dahin alles vorbereitet. Ich hatte schon öfters hier geangelt und hatte deswegen mehrere GPS Punkte von Spots, die mir in der Vergangenheit schon ein paar schöne Fische beschert haben. Das hat natürlich den Zeitaufwand für die Location erheblich reduziert.
Der Gewässergrund ist mit einer 10 cm dicken Schlammschicht bedeckt mit einem harten Untergrund darunter, welche jedoch richtung Gewässermitte dicker wird. Stellenweise waren es sogar bis zu 50 cm. Auf solch einen Spot plazierte ich meine Stabboje, die ich mit 28mm Big Water befütterte. Als Hakenköder verwendete ich 24mm Big Water Balanced Hookbaits. Innerhalb einer Stunde waren beide Ruten auf ihren Platz.
Mit großen Erwartungen blickte ich der Woche entgegen. Vorallem auch deswegen, weil mein Sommer und auch ein Wettkampf im Ausland nicht wie geplant verliefen. Aber ich war sehr optimistisch und wusste, dass es gut werden sollte. Links und rechts neben mir angelten Bekannte, also musste ich mir auch keine Sorgen um meine Nachbarn machen.
Die ersten Bisse kamen relativ zügig. Das ist an diesem Gewässer ungewohnt. Und auch sonst. Bis zum Morgengrauen hatte ich fünf Bisse, aus denen der Letzte in einem 25,40 kg schweren Spiegelkarpfen resultierte.
Ich war sehr glücklich und überrascht zugleich. Diesen schnellen Erfolg schrieb ich den auch zuvor schon gut funktionierenden Plätzen zu.
Der Ansturm der Karpfen hielt bis zum Montagnachmittag an...
...dann folgte auf den starken Auftakt eine lange Bisslosigkeit. Genau nach vier Tagen fing ich den nächsten Fisch. Trotzdem kam es mir nicht in den Sinn meine Spots zu verlassen oder Köder zu wechseln. Das ist ein wichtiger Punkt beim selektiven Angeln auf große Karpfen!
Die Tage verstrichen schnell und ich hatte nur noch zwei Nächte bis zum Ende der Session. Die Fische verspäteten sich auf den vorgefütterten Plätzen, obwohl ich schon seit Mittwoch angelte. Leider war auch keine Fischaktivität vor unseren Plätzen auszumachen, also warteten wir mit den Nachbarn darauf, dass wieder Fische in unseren Bereich kommen.
Die Spots und Köder sind gut, es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Bissanzeiger sich wieder meldet. Ich kontrollierte die Köder alle zwei Tage, ich konnte jedoch keine Spuren von Brassen oder kleineren Karpfen an ihnen feststellen, also kein Grund zur Unruhe.
Am Samstag wahr ein erster Hoffnungsschimmer zu sehen, als ich am Nachmittag zwei Fische zwischen 10-15 kg fangen konnte. Ich spürte, dass ich noch ein paar Tage bleiben müsste, ich konnte jedoch nur um einen Tag verlängern. Ich hoffte dass es ausreichen würde um ein paar bessere Karpfen überlisten zu können.
Sonntagmittag, als der See begann sich zu leeren, fing ich einen Spiegler mit 19,30 kg. Dieser Fisch alleine war es schon Wert gewesen zu bleiben, ich wusste aber, dass in der Nacht noch alles möglich sein kann.
Der Nachmittag verlief ruhig, ich hatte keinen weiteren Biss mehr. Um Mitternacht weckte mich der Bissanzeiger meiner linken Rute. Es war ein gewöhnlicher Biss, bei dem der Fisch die Schnur von der Rolle nahm, aber als ich die Rute aufnahm, habe ich einen überdurchschnittlichen Wiederstand verspürt. Selbst als ich ins Bot stieg, musste ich die Bremse etwas öffnen, da er mir die Rute aus der Hand ziehen wollte.
Ich hielt den Kontakt und eilte in Richtung des Fisches um ihn schnellstmöglich einzuholen. Der Fisch bewegte sich indes seitwärts in Richtung des Schnongebietes. Er passierte meine Stabboje ohne Probleme, jedoch machte ich mir wegen der H-Bojen der Nachbarn Sorgen. Als ich ihn endlich einholte, war ich erleichtert dass auch die Bojen meiner nachbarn unberührt blieben. Ich wollte gerade mit dem eigentlichen Drill beginnen, als mir das Blei entgegengeflogen kam und mir fast ins Gesicht schlug.
Ich Verstand plötzlich nicht Wie und Warum, denn alle Fische die ich in der Woche fing, waren ausnahmslos gut gehakt. Ich war etwas betrübt nach dem Verlust. Endlich begannen meine Anstrengungen Früchte zu tragen und es war mir trotzdem nicht vergönnt sie zu genießen.
Wir können nicht immer als sieger aus dem Ring gehen aber das Leben geht schließlich weiter. Ich konzentriere mich wieder auf die Zukunft. Im nachhinein das Ganze nüchtern betrachtet, kann ich guten gewissens sagen, dass ich alles nochmal genauso machen würde.
Ich wünsche allen viel Erfolg beim Angeln!
Gruß, Josi
Orbán József