Victor Fröschl
Das erste Mal begegnete mir der Name Keen Carp in einer “Fachzeitschrift“, welche ich regelmäßig las. Es war einer der ersten Artikel von Hub Genders der sofort mein Interesse weckte. Er war einfach anders als die anderen Artikel die ich Monat für Monat las. Statt den eintönigen, monotonen Fang(Erlebnis-)berichten und der gefühlt hundertsten Anleitung eines “hyper-super-duper Rigs“ welcher in Kombination mit den richtigen Ausrüstungskomponenten den Erfolg bringt, wurde in diesem Artikel tatsächlich der Angler d.h. wir, die Leser Kritisiert. „Der Angler ist für alles verantwortlich.“ – schrieb er.
Er meinte, dass bewusstes Angeln nichts mit „Glück“ zu tun hätte und es nur eine Ausrede dafür ist, dass man nicht alles für den Erfolg getan hat und wenn man Gezielt auf einen Fisch angeln möchte, sollte man dieses Wort aus seinem Vokabular streichen.
Das brachte mich zum nachdenken. Es folgten noch weitere Artikel welche ich aufmerksam las.
Dann kam der erste Artikel von István Orbán dem Teamleader von Keen Carp, der in puncto Kritik und Würze noch eine Schippe drauf setzte und damit das „abgestandene Wasser der Fachwelt“ gehörig umrührte. Seit dem hatte ich die Möglichkeit bei Hub und István mehrere Workshops zu besuchen und Einblicke in ihr Wissen zu bekommen, welche mein Angeln vollkommen verändert haben.
Anfang dieses Jahres fragte mich István, ob ich Interesse an einer Zusammenarbeit in näherer Zukunft als Berater im Keen Carp Bait Service hätte. Ich sagte natürlich ja! Er meinte jedoch sofort, dass dies nicht von einem Tag auf den anderen gehen wird, denn um Kunden erfolgreich helfen zu können und authentisch zu sein bedarf es Know-How (Praxiserfahrung und Hintergrundwissen), welches ich noch erlangen müsse und das ginge nur, indem ich mich weiterbilde. Er lud mich zu einem Vereinsgewässer zum gemeinsamen Angeln Anfang Oktober ein, um mir ein wenig über die Schulter zu schauen und meinen Wissenstand einzuschätzen.
Es war alles organisiert und vorbereitet, das Auto war gepackt und ich fuhr die knapp 1000 Kilometer Wegstrecke bis zum See voller Vorfreude durch. Am frühen Nachmittag kam ich dann endlich am See an. István war schon etwas früher da als ich und war schon mit dem Aufbau seines Camps beschäftigt. Nach kurzer Begrüßung fing ich ebenfalls mit dem Aufbau an.
Nach dem alles fertig war machten wir uns an die Location. Wir fuhren systematisch das vor uns liegende Wasser mit der Taststange in der Hand ab und fanden auf Anhieb Stellen für unsere Futterplätze. Er erklärte mir warum er die Spots ausgewählt hat und welche Bodenbeschaffenheit warum von Vorteil und welche von Nachteil ist. Allein diese Informationen waren ein großer Input für mich. Bei der Rückfahrt Richtung Ufer schaute er aufs Echolot und sagte auf einmal „Hier!“. Ich stieß die Stange zu Boden und er warf eine H-Boje. Ich spürte die jetzt schon vertraute Bodenstruktur die er mir zuvor zeigte. Wir tasteten die Umgebung ab und auch hier zeigte er mir den feinen Unterschied der zwischen Erfolg und Misserfolg entscheiden kann. Auf meine Frage woher er gewusst hatte dass es hier wieder der richtige Platz sei, lachte er nur und meinte „das machen die Jahre“.
Unsere Taktik war die etwas weiter entfernten Spots 3 Tage lang lediglich zu befüttern und nicht zu beangeln. Das Ziel waren langfristig natürlich die Größeren Fische des Sees. Auf Istváns Rat sollte ich in der Zeit an der Uferkannte angeln, da würde sowieso keiner angeln und ich könnte ein paar „Bonusfische“ fangen.
Für die 2 Taktiken hatte er natürlich zwei verschiedene Köder vorbereitet. Den Big Water mit Spanish Red & Super Cinnamon Flavour und den Hemp&Nutty Mix mit Pistachio Flavour beide in 24 mm Größe und beide in einer etwas härteren Version aus dem Keen Carp Bait Service. Trotz der Härte der Köder, sind diese Köder in der Lage zu arbeiten, was ein bemerkenswerter Vorteil ist, denn dieser Kombination bin ich zuvor noch nicht begegnet. Entweder waren die Köder weich und haben zu schnell gearbeitet (wenn überhaupt etwas Lösliches drin war), oder sie waren hart, haben jedoch nicht gearbeitet.
Mit dem Big Water wollten wir erst nach 3 Tagen auf den vorgefütterten Spots angeln, da dieser Köder vor allem in Kombination mit dieser Futtertaktik sein volles Potential entfaltet. Pro Platz und Tag fütterten wir lediglich 2 Hände voll. Den Hemp&Nutty setzten wir lediglich in den ersten Tagen als „Instantköder“ ein. István angelte die erste Nacht garnicht und so habe nur ich meine zwei Ruten bei Einbruch der Dunkelhet an der Uferkannte plaziert mit. Der erste Interessent kam um 03:00 Uhr morgens. Es war ein Spiegelkarpfen mit etwa 10 Kg, den ich schon im Boot frei lies. Da ich hatte ein Ersatzvorfach dabei und tauschte die Vorfächer ehe ich die Montage wieder beim zurückfahren an der Kante ablegte. Ich fütterte jetzt statt 10 Boilies nur mehr 3 Stück, in der Hoffnung das Durchschnittsgewicht etwas steigern zu können. Um 05:30 kam auch schon der Nächste Biss auf die Rute. Diesmal war es ein Schuppenkarpfen mit etwa 14-15 Kg.
Tagsüber wurde es ruhiger was die Bisse angeht. Dies schrieben wir dem Wochenendtroubel zu der regelmäßig am See herrscht. Das zuknallen der Autotüren und das klatschen der Spombs auf die Wasserorberfläche wechselten sich im 5 Minuten Rhythmus ab. Wir sehnten uns den Montag herbei, da sollte es ruhiger werden.
Nichtsdestotrotz konnten wir nachts und in den Morgenstunden regelmäßig ein paar „Bonusfische“ fangen. Besser gesagt István, der am Zweiten Tag in den Abendstunden seine Ruten ebenfalls auslegte.
Obwohl eine seiner Ruten nur 1m! von meiner entfernt lag, hatte ich keinen Biss mehr. Ich fragte mich woran dass wohl lag? Lag es an der Zugrute der Fische? István meinte man könne nur Fische fangen wenn man entspannt ist. Obwohl ich mich relaxed fühlte, hatte ich vielleicht nachträglich betrachtet eine Gewisse Anspannung in mir. Vielleicht wollte ich mich etwas zu sehr beweisen… In der dritten Nacht lies István seine Ruten wieder ruhen. Als ich ihn fragte warum er nicht angeln wolle antwortete er nur lachend „Damit du auch wieder einen Fisch fängst!“. Es kam tatsächlich so. In den Morgenstunden pünktlich um 05:30 lief erneut eine meiner Uferruten ab. Es war wieder ein Schuppenkarpfen um die 14 Kg.
Es war endlich Dienstag und die Vorgefütterten Plätze waren „reif“. Ich wollte meine Ruten erst am Abend auf die neuen Spots legen und so lange weiter die ufernahen Plätze beangeln. Um die einheimischen Tagesangler die links von uns saßen und Istváns Futterplatz gnadenlos anwarfen loszuwerden, entschied er sich seine Ruten schon früher auf die „Hotspots“ zu legen. Wobei auf einer seiner Ruten nicht einmal ein Vorfach montiert war (er wollte damit lediglich sein „Territorium“abstecken) und auf der anderen Rute baumelte ein Big Water Boilie der schon seit 36 Stunden auf dem Platz an der Uferkante verweilte. Also der Mann stresst sich nicht um den Fischfang – dachte ich. Am Nachmittag um etwa 17:00 Uhr kam dann der langersehnte Biss. Es war eine von Istváns Ruten von einem der Vorgefütterten Plätze. Natürlich die Rute mit dem Haken am Ende. :) Es war ein Wunderschöner Spiegelkarpfen von 20,30 Kg der dem Big Water Boilies nicht wiederstehen konnte.
In den Abendstunden konnte er noch zwei Fische fangen um die 12-13 kg. Nach den Fängen der beiden kleineren Fischen entschloss er sich den Platz ruhen zu lassen und die Ruten nicht erneut auszulegen. Auch das ist Teil der Taktik beim selektiven angeln auf große Karpfen. Der weitere Verlauf der Nacht war ruhig. Bis zum Nächsten Abend blieb es auch so, also nutzten wir die Zeit für meine Fortbildung. Von den Rigs über Köder bis hin zum Futterboot war alles dabei und alle meine Fragen wurden beantwortet.
Apropos Fragen: Als Kind habe ich gelernt, dass eine Frage dann gut ist, wenn man keine Antwort darauf weiß. Auch István Stellte mir Fragen. Mesitens fragte er nur „Warum machst du das do?“. Als ich keine Anwort auf seine eigentlich simple Frage wusste oder eine Antwort gab, die (zugegebener Maßen) eher an einen guten Marketingslogan erinnerte als einen fundierten Grund, wurde mir bewusst, wie viele Fehler ich immer noch mache, obwohl ich schon dachte dass ich mir viel Gedanken über mein Angeln mache und „bewusst angele“.
In den Abendstunden kam dann erneut eine Beißphase und mit ihr der nächste gute Fisch. Wieder war es István der einen schönen Spiegler mit 21,30 Kg keschern konnte.
In dieser Nacht konnte auch ich 1-2 Fische von 11-12 Kg verbuchen. In den kommenden Tagen änderten sich die Wetterbedingungen und ein Hochdruckgebiet hielt Einzug was bis zum Ende unserer Tour anhielt und unsere Fangergebnisse nicht gerade verbessert hat. Wir fingen zwar auch Tagsüber Fische, aber nur kleinere bis 13 Kg.
Die Fangergebnisse blieben auch die letzten Tage konstant und wir konnten täglich in den Beißphasen mit den obligatorischen Fischen rechnen.
Leider konnte ich mein Ziel von einem 20+ Karpfen diesmal nicht verwirklichen, aber dafür habe ich sehr viel in der Woche lernen können und neue Erfahrungen gesammelt, welche mir sicherlich bei zukünftigen Sessions und auch als Bait Service Consultant bei der Beratung der Kunden noch nützlich sein werden.
Viel Erfolg weiterhin,
Victor Fröschl