Tanka Gábor
Im Sommer vergangenen Jahres machte ich mich für einen einwöchigen Trip nach Frankreich auf. Es ging an einen kleinen, in Zentralfrankreich gelegenen See. Natürlich ging es mir auch diesmal primär darum eine erfolgreiche Session abzuschließen, dennoch betrachtete ich die Session als einen Erkundungstrip, denn schon in ein paar Wochen stand eine gemeinsame Session mit meinem Teamkollegen Sebastian an diesem See an.
Weil ich wusste dass der See sehr flach ist, habe ich mir eine Stelle in der Nähe des Dammes ausgesucht. Hier war ich mir sicher, würde ich das tiefste Areal des Sees vorfinden. Hochmotiviert baute ich zunächst mein Camp für die kommenden Tage auf und schon bald befand ich mich mit meinem Schlauchboot auf dem See. Sehr schnell sah ich mich der ersten Herausforderung gegenübergestellt. Schlamm, Schlamm und nochmals Schlamm. Aber immerhin hatte ich Recht behalten und von meinem Platz auch die Möglichkeit, in für diesen See tiefem Wasser zu angeln. Mit tief meine ich in diesem Fall Tiefen von 1-1,5 Metern. Ich war noch nicht einmal eine Stunde mit der Location beschäftigt, da sah ich schon einen Angler, der nicht weit von mir entfernt saß, mit seinem Futterboot die erste Montage rausbringen. Ein Phänomen, welches ich schon oft beobachtet habe. Viele Angler wollen so schnell wie möglich ihre Köder ausbringen und vergessen dabei oft, wie extrem wichtig eine gute Location ist. Vor ein paar Jahren hätte mich der Umstand jedoch, dass ein anderer Angler neben mir seine Fallen schon scharf hat und ich nicht, nervös gemacht. Ich betrachtete dies einfach als Nachteil. Inzwischen lässt mich diese Tatsache kalt. Ich verbringe lieber ein paar Stunden mehr mit der Stellensuche und habe dann die gesamte Session über vollstes Vertrauen in meine gewählten Angelplätze. Das bedeutet nämlich den wahren Vorteil. Eine Hand am E-Motor und eine an der Taststange, fuhr ich das gesamte, von meiner Stelle aus befischbare Areal Stück für Stück ab. Mehrere Stunden fuhr ich so auf und ab. Dabei ließen sich teilweise deutliche Unterschiede in der Bodenstruktur ausfindig machen. Denn auch Schlamm ist nicht gleich Schlamm. So konnte ich an manchen Stellen die Taststange ohne viel Druck mindestens 50cm in den Boden drücken. An anderen Stellen jedoch nur deutlich weniger tief. Linksseitig meines Angelplatzes hatte ich die Möglichkeit vor einigen Ästen und Sträucher zu angeln. Unter diesen, und gelegentlich auch noch ein paar Meter vor diesen, fand ich sogar harten Untergrund.
Auch im Freiwasser gelang es mir nach einiger Zeit vereinzelt brettharte Stellen zu finden. Diese waren alle nur wenige Quadratmeter groß. Sobald ich eine solche Stelle gefunden hatte, markierte ich mir diese mit einem H-Marker oder einer Stabboje und ertastete mir die genaue Größe der Stelle. Schließlich hatte ich insgesamt sieben Stellen gefunden, welche ich im Verlauf der Woche befischen wollte. Ich wählte bewusst mehr Angelplätze aus, als ich Ruten zur Verfügung hatte. Einige der Stellen wollte ich zunächst lediglich befüttern und erst nach zwei bis drei Tagen befischen.
Da es sich bei dieser Tour, wie anfangs erwähnt, um einen Erkundungstrip handelte, habe ichzwei verschiedene Taktiken angewendet.
Das mag für einige eine gänzlich fremde Vorstellung sein nur zwei Hände Boilies zu füttern, aber ich reagierte so auf meine Fänge der ersten Tage, an denen ich bewusst nur die Hemp Mix Plätze befischte. Ich bekam einige Bisse. Es waren bis zum Abend des zweiten Tages nicht weniger als 16 Fische, die ich so fangen konnte. Meine ausgiebige Location in Kombination mit dem sehr attraktiven Futter hatte Wirkung gezeigt. Allerdings fing ich so auch viele kleine Fische. Ebenfalls schienen sich die Graskarpfen des Gewässers auf die kleinen Köder eingeschossen zu haben. Ohne Zweifel machen die Graserdrills Spaß und so ein großer Graskarpfen macht schon einiges her, aber die nötige Ruhe an seine Angelplätze für das selektive angeln auf große Karpfen bekommt man bei einer so hohen Bissfrequenz nicht.
Zwar gelang es mir am Abend des zweiten Tages einen Spiegelkarpfen mit 21,3kg auf einem der Hemp Mix-Futterplätzen zu fangen, jedoch war mir klar, dass es sich bei diesem Fang keineswegs um einen gezieltenFang handelte. Ich musste meine Taktik ändern, um das Durchschnittsgewicht dauerhaft zu steigern.
So ging ich am folgenden Tag dazu über drei meiner vier Ruten auf den mit Big Water Boilies präparierten Stellen zu fischen. Damit wollte ich die Theorie untermauern, dass auf den attraktiven Plätzen in der Regel kleinere Fische zu erwarten sind. Um den Angeldruck auf meinen nun befischten Plätzen möglichst gering zu halten, holte ich die Ruten in der Mittagszeit regelmäßig für ein paar Stunden ein. Dass meine Taktikänderung die richtige Entscheidung war, hat sich sehr schnell in meinen Fangergebnissen wiedergespiegelt. Die Menge der gefangenen Fische reduzierte sich und im Gegenzug stieg das Durchschnittsgewicht. Auch die Graserfänge blieben größtenteils aus. Nur auf die Rute, die ich auf einem attraktiven Futterplatz fischte, fing ich weiterhin einige kleinere Karpfen.
Den Höhepunkt der Tour stellte für mich die zweite Nacht nach der Taktikänderung dar. In dieser Nacht fing ich nicht viele Fische, aber drei Gewichtige. Darunter einen mit 22kg, der zu diesem Zeitpunkt meinen neuen PB darstellte. Ich war super happy in Anbetracht dessen, dass meine Taktik so schnell aufging. Damit hatte ich bei diesem Erkundungstrip nicht mal im Traum gerechnet. Auf Grund dessen, dass ich zu Hause noch einige wichtige Dinge zu erledigen hatte und in wenigen Tagen der Sommerurlaub mit meiner Freundin anstand, packte ich am nächsten Morgen, zwei Tage früher als geplant zusammen, denn ich hatte meine Ziele fürs erste erreicht…
Vincent Leopold