Lukas Schörgendorfer
Seit längerer Zeit planten mein österreichischer Teamkollege Csaba Ronto und ich eine Session über mehrere Tage. Mein Beruf als Lehrer gibt mir viele Freiheiten zum Angeln, nur leider im Herbst nicht die Zeit, Csaba bei seinen anstehenden Touren zu begleiten. Deswegen brauchten wir ein Gewässer, das auch im Sommer produktiv ist. Wir wählten einen Natursee aus, den wir im August vergangenen Jahres bereits für ein Wochenende gemeinsam befischt hatten. Damals lief es ganz gut für uns, denn es konnte jeder einen Fisch mit über 18 kg fangen.
Bei diesem Gewässer handelt es sich um einen schlammigen Natursee, der fast zur Gänze mit Kraut bedeckt ist. Außerdem liegt sehr viel Totholz am Ufer, sodass die Angelei wirklich nicht einfach ist. Von einem lokalen Angler wussten wir, dass es ein paar wenige Karpfen über 20 kg geben sollte. Bei den meisten Fischen handelt es sich um sehr urige und dunkle Karpfen. Wegen dieser sehr speziellen Fische und den schwierigen Umständen reizte uns dieser See extrem.
Vor fünf Jahren lernte ich Csaba Ronto auf einer Messe kennen. Kurze Zeit später wurde er zu meinem Baitservice-Berater. Nachdem er ein mir bekanntes Gewässer ebenfalls befischt hatte, intensivierte sich unser Kontakt. Im Jänner 2020 holte er mich ins Keen Carp Team Österreich. Seitdem stehen wir eigentlich täglich in Kontakt. Anfänglich war unser Kontakt fast ausschließlich auf Keen Carp fokussiert, mittlerweile wurde aus diesem Kontakt eine Freundschaft. So konnte ich es diesen Sommer gar nicht erwarten, unsere gemeinsame Session zu starten.
Csaba und ich überlegten uns bereits vorab, wie wir bei unserer sechs Nächte dauernden Session vorgehen würden. Wir wollten die ersten drei Tage instant in einem Bereich angeln, den wir beide nicht kannten. Parallel dazu wollten wir unsere Plätze aus dem Vorjahr über drei Tage lang vorfüttern, um so an die größeren Fische des Gewässers zu gelangen.
Wir kamen gegen Mittag beide am Gewässer an und nahmen zuerst eine Mahlzeit zu uns. Anschließend gingen wir mit unseren Booten aufs Wasser und überprüften, ob die Plätze aus dem vergangenen Jahr noch so existierten und krautfrei waren. Der Wind machte es uns nicht einfach, die Plätze wiederzufinden, denn immer wieder wurde das bis zur Oberfläche gewachsene Kraut über unsere Plätze geweht. Zum Glück wussten wir noch ganz genau, wo sich unsere Spots befanden, so konnten wir sie trotzdem finden. Wir präparierten unsere Plätze mit unserem Futter und wollten das die nächsten Tage wiederholen. Danach packten wir unsere Boote wieder in unsere Busse und fuhren an das andere Ende des Gewässers.
Auf der anderen Seite angekommen, mussten wir feststellen, dass wir für unser Camp weniger Platz als angenommen hatten. Wir managten die Sache so gut wie es ging und irgendwie konnten wir genug Raum für unsere Zelte finden. Nachdem unser Camp stand, wollten wir uns Spots suchen, die wir für die ersten drei Tage befischen wollten.
Der Wind wurde immer stärker und so gestaltete sich auch die Suche immer schwieriger. Wir konzentrierten uns auf die Randbereiche des Sees, denn diese waren im letzten Jahr ebenfalls sehr produktiv. Wir konnten an diesem Platz von einem Steg aus angeln. Links und rechts vom Steg befand sich jeweils ein großer Baum im Wasser. So mussten wir unsere Schnüre über diese beiden Bäume umlenken, um überhaupt effektiv angeln zu können. Leider konnten wir nur einen wirklich krautfreien Platz finden. Wegen des starken Windes konnten wir keine anderen krautfreien Spots finden. Nachdem nun bereits die Abendstunden angebrochen waren und wir erst einen Spot gefunden hatten, standen wir etwas unter Zeitdruck. Zum Glück hatte Csaba seinen Krautrechen dabei, so konnten wir uns mit etwas Mühe vom Ufer aus weitere krautfreie Plätze schaffen.
Kurz vor Sonnenuntergang waren unsere Ruten dann endlich platziert und wir konnten uns noch etwas zum Abendessen machen. Bei den Plätzen handelte es sich einerseits um eine krautfreie Schotterbank, die restlichen drei Spots, die wir vom Kraut befreiten, waren allesamt sehr schlammig, weswegen wir mit gemischten Gefühlen ins Bett gingen. Während Csaba bei seinen beiden Plätzen auf unseren 50/50 Mix vertraute, verwendete ich unseren Mega Spice und Seed Mix. Der 50/50 Mix ist der perfekte Kompromiss zwischen Kohlenhydratköder und Proteinboilie. Csaba nutzte den Köder in 24mm und Härtegrad zwei. Ich hingegen verwendete mit dem Mega Spice und Seed Mix einen reinen Kohlenhydratboilie. Der Mix ist ein sehr würziger Mix mit intensivem Geruch und funktioniert an schlammigen Gewässern sehr gut. Um die höchstmögliche Selektivität zu gewährleisten, verwendete ich den Köder in Härtegrad drei und 24mm. Beide setzten wir wegen des teilweise nicht ganz sauberen Bodens auf sehr ausbalancierte Hakenköder. Csaba vertraute auf unsere Balanced Hookbaits und ich setzte auf Schneemannpräsentationen.
Unsere erste Nacht verlief fast ereignislos. Csaba konnte kurz vor dem Hell werden einen kleinen Schuppenkarpfen fangen. Zur Mittagszeit ruderte Csaba quer über den ganzen See, um unsere weiteren Plätze mit Futter zu versorgen. Bei allen vier Plätzen waren die Kugeln, die wir am Vortag eingebracht hatten, bereits weg.
Am Nachmittag konnte Csaba den ersten besseren Fisch mit über 15 kg fangen. Es war ein wunderschöner Spiegelkarpfen mit einigen Schuppen auf der Flanke. Beide Fische bissen auf der Schotterbank. Nachdem bei mir leider noch überhaupt nichts passiert war, wollte ich, nachdem am Abend endlich der Wind nachließ, neue Plätze suchen. Eine Rute platzierte ich in einem kleinen Krautloch, das ich vorher nie gefunden hätte. Die zweite Rute legte ich auf eine Schotterbank in 170 Metern Entfernung. Genau diese Rute lief nach nicht einmal einer Stunde ab. Csaba und ich stiegen ins Boot und ruderten dem Fisch entgegen. An diesem See ist das Kraut so dicht, dass die Fische kurz nach dem Biss im Kraut stecken bleiben und wir die Fische von Hand aus drillen mussten. So weit ist es bei diesem Fisch leider nicht gekommen. Kurz bevor wir beim Fisch angekommen sind, kappte mir der Fisch meine geflochtene Schnur an einer Muschel.
In unserer zweiten Nacht konnte wieder Csaba den ersten Biss verbuchen. Wieder war es die Rute an der Schotterbank. Leider mussten wir auch hier feststellen, dass sich der Fisch im Kraut bereits vom Haken verabschiedet hatte. Am Morgen bekam ich innerhalb von einer Stunde noch einen Biss auf meinen beiden neu gelegten Ruten. Während der erste Fisch noch ein eher kleiner Karpfen war, war der zweite Fisch mit gut 11 kg schon etwas besser. Noch dazu war es einer dieser dunkel gefärbten Fische, wegen der wir gekommen sind.
Beim Frühstück beratschlagten wir uns, wie wir hier weiter vorgehen würden. Ich hatte am Abend schon mit dem Gedanken gespielt, am nächsten Tag zu moven, sollte wieder nicht allzu viel passieren. Diesen Gedanken habe ich aber erst beim Frühstück ausgesprochen. Obwohl wir in zwei Nächten fünf Bisse hatten, waren wir nicht ganz zufrieden mit unserem Ergebnis. Außerdem waren wir uns sicher, dass auch nach der zweiten Nacht das Futter an unseren weiteren Plätzen weg war. Nach einem kurzen Gespräch war für uns beide klar, dass es wohl mehr Sinn machen würde, schon einen Tag früher als geplant die Plätze zu wechseln. So beluden wir die Boote und setzten zu unserem “neuen alten” Platz über.
Das Camp stand sehr prompt und ich hatte auch schnell die kürzere meiner beiden Ruten im Rennen. Wir wollten die Ruten noch vor Mittagszeit liegen haben, denn um diese Zeit haben wir in den beiden Tagen zuvor jeweils gefüttert. Ich war gerade dabei beschäftigt meine zweite Rute zu legen, als mir Csaba schon gerufen hatte, dass die erste bereits abgelaufen war. Schon mehrmals ist mir das passiert, dass die Rute auf den vorgefütterten Plätzen sehr schnell einen Biss produziert. Der Fisch war mit genau 15 kg noch dazu ein super Einstand am neuen Platz.
Nachdem wir unsere restlichen Ruten auch im Rennen hatten, stärkten wir uns schnell mit einem Frühstück, das mehr zu einem Mittagessen wurde. Nach einem kräftigen Kaffee waren wir endlich am neuen Platz richtig angekommen. Am späten Nachmittag meldete sich wieder die Rute, die in ca. 30 Metern Entfernung vor einem toten Baum lag. Auch hier verwendete ich einen Umlenker, sodass der Fisch ins Kraut und nicht ins Holz ziehen muss. Wir holten den Fisch mit dem Boot und wieder war es ein besserer Fisch. Dieses Mal zeigte die Waage exakt 16,9 kg an. Bei diesem Platz setzte ich auf unseren Mixed Birdfood in Härtegrad zwei und 24 mm. Am Haar bot ich einen Balanced Hookbait an.
In der Nacht war dann auch Csaba an der Reihe. Der Fisch war etwas kleiner, deswegen hakten wir dem Fisch bereits im Kescher ab. Er lenkte beide Ruten entlang einer Baumreihe um. Für die weitere der beiden Ruten brauchte er sogar einen zweiten Umlenker, um über einen umgefallenen Baum angeln zu können.
Meine Rute meldete sich am frühen Vormittag. Wieder war es die kürzere der beiden Ruten. Dieses Mal schaffte es der Fisch leider sich in einem Baum festzuschwimmen. Nachdem wir die Schnur wieder frei bekommen hatten, mussten wir feststellen, dass sich der Fisch leider schon vom Haken lösen könnte. Zu meinem Glück bekam ich kurz darauf eine neue Chance. Wieder war der Fisch mit 15,8 kg nicht so schlecht. Noch dazu handelte es sich bei dem Spiegelkarpfen um den Fisch, den ich im Jahr zuvor bereits an genau diesem Platz fangen konnte. Unsere Taktik, die Plätze zwei Tage lang vorzufüttern ohne darauf zu angeln, ging voll auf.
Leider lief es bei Csaba nicht so gut wie bei mir, denn auch der nächste Fisch an unserem zweiten Abend am neuen Platz, sollte bei mir beißen. Das erste Mal meldete sich meine Rute, welche ich ca. 100 Meter entfernt in einem Krautloch abgelegt hatte. Bei diesem Platz setzte ich, wie Csaba, auf den Nutty Mix in Härtegrad zwei und 24mm. Ich angelte ebenfalls einen Balanced Hookbait in derselben Größe. Der Fisch war mit ca. 10 kg der bisher kleinste Fisch am neuen Platz für mich. In der Nacht lief diese Rute erneut ab und bescherte mir einen dunklen Schuppi mit 16,8 kg.
Da wir unsere Plätze sehr flach lagen, konnten wir relativ einfach sehen, ob das von uns eingebrachte Futter gefressen wurde oder nicht. Vor der vorletzten Nacht mussten wir feststellen, dass lediglich unsere Hakenköder auf unseren Spots zurückblieben. Dass so etwas auf stark beangelten Gewässern passieren kann, ist für mich nicht neu, aber an diesem Natursee war es doch sehr überraschend für mich. Csaba änderte etwas an seinem Rig und angelte von nun an mit noch ausbalancierteren Hookbaits und Pop-Ups. Zudem senkte er seine Schnur im Krautloch ab. Da es bei mir bis jetzt ganz gut gelaufen ist, beließ ich es vorerst bei meinen üblichen Hakenködern. In dieser Nacht konnte Csaba endlich seinen zweiten Fisch am neuen Platz fangen. Auch wenn der Fisch nicht besonders groß war, merkte man ihm die Erleichterung deutlich an.
An unserem letzten Tag stieg dann bei ihm noch ein größerer Fisch mit über 15kg ein. Dieser Spiegelkarpfen war für mich ein Signal für die letzte Nacht, ebenfalls etwas zu ändern. Ich "kopierte" die Taktik von Csaba für meine letzte Nacht, denn auch bei mir blieben seit 24h nur mehr die Hakenköder auf den Plätzen über.
Am Abend vor unserer Abreise konnte Csaba noch einen Schuppenkarpfen von 12 kg fangen. Wir gingen zuversichtlich in unsere letzte Nacht an diesem wunderschönen Gewässer. Leider blieben unsere Bissanzeiger stumm und so packten wir unsere Sachen ohne einen weiteren Fisch.
Für uns war die Entwicklung der Session sehr interessant zu beobachten. Instant lief es zwar nicht so schlecht, aber so ganz zufrieden waren wir nicht mit der Ausbeute. Nach dem Umzug zum neuen Platz liefen vorerst nur meine Plätze an. Innerhalb von nicht einmal 48h konnte ich vier Karpfen über 15 kg fangen. In den letzten 48h hatte ich nicht einmal mehr einen Biss. Bei Csaba verlief es umgekehrt. Anfangs war es bei ihm fast still. Nach einer kleinen Veränderung konnte er noch drei Fische fangen, während ich blankte.
Für uns war dieses Phänomen nicht neu, dass nur die Hookbaits auf den Plätzen liegen blieben, jedoch das Beifutter gefressen wird. Csaba machte diese Erfahrung bereits an einem sehr großen Natursee. Zusammenfassend kann man sagen, dass leider der 20 kg Fisch ausblieb, aber wir dennoch sechs Karpfen der 15+ Kategorie fangen konnten. Außerdem kamen wir zu der Erkenntnis, dass die kleinen Krautlöcher wohl nach zwei Nächten ausgebrannt waren. Für die Zukunft ist das eine wichtige Erfahrung, denn beim nächsten Mal werden wir vielleicht noch mobiler Angeln. Ein weiterer Punkt ist, dass die Plätze, die wir vom Kraut befreiten, überhaupt nicht angenommen wurden.
Csaba und ich verbrachten sechs Nächte an diesem tollen Natursee und werden bestimmt wiederkommen. Mit den gemachten Erfahrungen sind wir unserem Ziel, hier einen 20 kg Fisch zu fangen, hoffentlich wieder ein Stück näher gekommen.
Lukas Schörgendorfer